Nachfolgend der Redebeitrag des CDU-Stadtverordneten Christopher Göbel in der Stadtverordnetenversammlung am 22.2.2010 zur Bebauung auf dem ABB-Gelände in Großauheim.

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

sehr geehrte Damen und Herren,

 vor ein paar Tagen haben die Hanauer Stadtverordnete es aus der Zeitung erfahren. Jetzt halten wir die Vorlage tatsächlich in den Händen. Der Magistrat meint es ernst: Wohnen und Einkaufen auf ehemaligem ABB-Betriebsgelände - was bisher in der Flächennutzungsplanung der Stadt Hanau und dem Regionalplan Südhessen als „Industrie- und Gewerbegebiet“ galt.

 Zwischen der Durchgangsstraße BBC-Straße, einer Bahntrasse und der stark befahrenen Depotstraße, direkt neben den industriell-gewerblich geprägten Betrieben ABB und RS Kunststoff Technik und in direkter Sicht- und Emissionsachse zum Kraftwerk Stauding soll zukünftig ein neues idyllisches Wohngebiet entstehen.

 Jetzt kann man der ABB überhaupt keinen Vorwurf machen. Die Firma will zu Recht nicht mehr benötigte Flächen ihres Betriebsgrundstückes veräußern. Das sollte die Politik und die Stadt auch wohlwollend begeleiten und hierfür realistische Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen.

 Das die Stadt Hanau der ABB für diese Flächen aber Wohnbebauung anrät, passt aller höchstens in die fünfte Jahreszeit und die ist schon seit über einer Woche vorbei. Seite 2 der Vorhabenbeschreibung, Zitat: Ist ABB… „nicht zuletzt auch aufgrund der Anregung der Stadt Hanau, zu dem Ergebnis gekommen, die Verwirklichung einer Wohnnutzung in Betracht zu ziehen“.

 Nicht nur, dass der Standort für Wohnbebauung aufgrund der schon beschriebenen Beeinträchtigungen alles andere als geeignet ist.

 Die Pläne könnten mittelfristig auch den Bestand der benachbarten Betriebe ABB und RS Kunststoff Technik beeinträchtigen. Als mögliche „Nachbarschaftskonflikte“ wird das in der Vorlage beschrieben. Die Fa. RS Kunststoff Technik hat hier in den Vorgesprächen bereits reagiert und Änderungen der Planungen entlang ihrer Grundstücksgrenze bewirkt. Doch reicht das? Industrielles Gewerbe und Wohnbebauung in direkter Nachbarschaft hat schon in vielen vergleichbaren Fällen zu großen Schwierigkeiten geführt – zum Nachteil der Unternehmen.

 Gewerbe- und „Einzelhandelsnutzung“ sehen die Pläne für den südlichen Teil vor. Nebenan entwickelt sich gerade zaghaft und nach langen, langen Jahren das Gewerbegebiet Großauheim Süd. Die Hauptstraße, das Herzstück von Großauheim ist immer noch eine schöne Einkaufsstraße, braucht aber dringend einen Entwicklungsschub – und nicht neue Konkurrenz.

 „Nicht-zentrenrelevantes“ Sortiment so das Zauberwort der Vorlage. Glaubt denn jemand ernsthaft, dass die sich hier niederlassenden Läden nicht die bestehenden Geschäfte in Großauheim gefährden? „Nicht-zentrenrelevantes“ Sortiment, das liest sich in rosa Vorlage ja ganz nett, in der Realität ist aber weitere Konkurrenz und Erosion beim bestehenden Einzelhandel zu befürchten.

 Dann darf man auf Seite 4 der Vorhabenbeschreibung von einer positiven Bewertung im Hinblick auf die städtebauliche Gesamtentwicklung lesen. Fakt ist: wir bringen mit den Planungen Wohnbebauung in die Nähe der benachbarten Auheim-Kaserne. Wir riskieren große Einschränkungen z.B. in Richtung gewerblich-industrieller Nutzung. Die schwerwiegende Folge wäre, dass wir Betriebe, die hier ihren Standort aufbauen und Arbeitsplätze schaffen wollen, möglicherweise wegschicken müssten. Vorausschauende Standortpolitik sieht anders aus!

 Daneben ergeben sich weitere Fragen:

  • Wo sind das Gutachten und die Ergebnisse der „umfangreichen Untersuchungen“ zu Lärmschutz, Geruchs- und Lärmemissionen zu finden, von denen die Rede ist.
  • Auf Seite 3 der Vorhabenbeschreibung wird von „Altlastensanierung“ gesprochen. Welche Belastungen bestehen hier? Die Vorlage liefert keine Antworten.
  • Wer ist Bauträger und wie ist Qualität und Bauweise der Häuser? Fehlanzeige!
  • Die für ein neues Baugebiet wesentlichen Fragen, ob bei einem Verhältnis von 5 Einzelhäusern zu 98 kleinstteiligen Reihenhäusern – mit teilweise nur 100qm Grundstück –  ein ausgewogenes Baugebiet entsteht, und wie die Vermarktungschancen dafür aussehen wenn Luftline 500 Meter entfernt derzeit das größte Wohnprojekt in der Geschichte der Stadt Hanau anläuft, können vor dem Hintergrund der vielen vorgenannten kritischen Aspekte fast schon vernachlässigt werden. 

Ich fasse zusammen:

  • Die ABB-Fläche ist durch seine Lage ein denkbar ungünstiger Wohnstandort.
  • An der Ausgewogenheit der überwiegend kleinstteileigen Wohnbebauung und deren Vermarktungschancen darf gezweifelt werden.
  • Das Nebeneinander von Wohngebiet und industriellem Gewerbegebiet ist mittelfristig höchst konfliktträchtig – zum Nachteil der anliegenden Unternehmen und deren Arbeitsplätze.
  • Negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Auheim-Kaserne - und damit auf Unternehmensansiedlung und neue Arbeitsplätze - sind abzusehen.
  • Zusätzliche Einzelhandelsflächen – auch unter dem Mantel „nicht-zentrenrelevant“ – gefährden die Großauheimer Hauptstraße und das Gewerbegebiet Großauheim Süd.

 Sehr geehrte Damen und Herren, 

der Ortsbeirat Großauheim/Wolfgang hat die Vorlage mit guten Argumenten und großer Mehrheit abgelehnt. 

Die CDU-Stadtverordnetenfraktion lehnt diese Vorlage ebenfalls ab!

Inhaltsverzeichnis
Nach oben