Organisationsänderung der Tümpelgartenschule in eine IGS ohne Oberstufe

Nachfolgend der Redebeitrag des CDU-Stadtverordneten Franz Ott in der Stadtverordnetenversammlung am 25.1.2010 zur Umwandlung der Tümpelgartenschule in eine Integrierte Gesamtschule.

Herr Stadtverordnetenvorsteher, meine Damen und Herren,

würde es nach dem Schuldezernenten Dr. Piesold und nach dem Viererbündnis gehen, dann hätten wir heute gar keine Vorlage zu beraten.

Nachdem in dieser Wahlperiode sich der Arbeitskreis der Regierungskoalition über 14 Monate mit dem Schulentwicklungsplan beschäftigt hatte und meinte, das schulpolitische Rad in Hanau neu erfunden zu haben, war er vor der Sommerpause da, der neue Schulentwicklungsplan  (SEP) mit Ewigkeitscharakter. Die frühere pragmatische Fortschreibung des Schulentwicklungsplans wurde als Flickwerk abgetan. Stolz aufs neue Wunderwerk war angesagt und angesichts der gravierenden Unterschiede die es zwischen FDP und BfH einerseits und  Bündnis90/Die Grünen andererseits gab, musste es nicht verwundern, dass es dafür 14 Monate brauchte und dass der Schulentwicklungsplan (SEP) jede Menge Formelkompromisse enthält. Einer dieser Formelkompromisse war der Hinweis, dass man eine 2. Integrierte Gesamtschule in Hanau einrichten wolle, wenn es denn eine Schulgemeinde fordere. Mit der Schulgemeinde TGS war dann schnell die Forderung organisiert. Im Brief an das Ministerium vom 15.07.09 hat denn auch der  Schuldezernent koalitionseifrig gemeint, er könne gegenüber den Grünen Vollzug melden, denn am liebsten hätten diese schon in diesem Schuljahr mit der Umwandlung begonnen.

Unter Juristen heißt es, ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung. Das ist im Schulrecht nicht anders. In den §§ 145 und 146 Hessisches Schulgesetz steht denn auch unter welchen qualitativen Voraussetzung Schulform-Organisationsänderungen möglich sind. Wiesbaden hat sie eines besseren belehrt und deswegen müssen der Magistrat und die Stadtverordnetenversammlung nachsitzen. Und mit dem Ursprungstext der neuen  Vorlage war der Magistrat ja selbst nicht glücklich. Deshalb haben wir seit wenigen Tagen eine redaktionelle Überarbeitung vorliegen.

Tümpelgartenschule in Not – Abitur als Lösung?

Der Kollege Hilbig wird ja jetzt einwenden, dass auch die CDU für den Elternwillen sei und auf die Beschlüsse der Schulgemeinde verweisen. In der Tat ist die TGS in einer schwierigen Lage, allein die Statistik zeigt, dass die Akzeptanz der Förderstufe von 2/3 der Übergänge von Klasse 4 nach 5 in 2002 auf 1/3 abgenommen, also sich halbiert  hat.

Wenn in dieser Situation mit dem Projekt Abitur im Lamboy geworben wird und die Behauptung aufgestellt wird, dass diese Änderungen an der TGS anderen Schulen in der Nachbarschaft nicht schaden, wer will denn in der Schulgemeinde dieser Hoffnung, sich am eigenen Schopf aus dem Sumpf ziehen zu können, widersprechen.

Die Hoffnungen  auf Aufwertung der Schule, bequeme Schulwege bis in die Oberstufe  und die eine oder andere Karriereperspektive für Lehrkräfte sind ja nichts Verwerfliches.

Sind aber alle realistisch und stimmen sie überein mit  unserer Verantwortung für die Gesamtstadt?

Liebe Kollegen von der Viererkoalition, einige von Ihnen schwadronieren als Begleitmusik zu dem Vorhaben IGS gar schon vom Abitur im Lamboy! Abitur im Lamboy ? Der Magistrat selbst ist es der  mit der Klarstellung, dass man nur eine Mittelstufe an der TGS einrichten will, dieses Ziel selbst auf lange Zeit ausschließt. Im letzten Jahr haben die Kolleginnen Stübing und Schäfer aus ihrer beruflichen Erfahrung in Schulverwaltungsfragen ihre Bedenken geäußert.

Hessen-Homburg-Schule sichern

Die größte Differenz zwischen Nachfrage und Angebot am Schulstandort Hanau war ja denn auch nach gymnasialen Angeboten und die Chance für eine additive Gesamtschule hatte sich baulich ja im Hessen-Homburg-Campus angeboten; Stadtrat a. D. Dr. Rolf Frodl hat dies propagiert, weil er der festen Überzeugung war , dass dies eine dauerhafte Bestandsgarantie für Hessen-Homburg bedeutet hätte. Leider konnten wir alle das Kulturministerium davon nicht überzeugen und nunmehr zeigt sich, dass die demographische Entwicklung die Schülerzahlen in Hessen-Homburg stark reduziert.

Und ihre Einschätzung, dass das Schulzentrum Hessen-Homburg von einer Konkurrenzeinrichtung in wenigen hundert Metern Luftlinie nicht betroffen sei, die halten wir für gewagt.

Setzen sie ihren Willen durch, werden wir Leerstände in Hanaus Schulgebäude mit dem besten baulichen Standard haben.

Neuschülerzuwachs für IGS pro Jahrgang marginal

Nun wird weiter argumentiert, es kommen ja so viele Neubürger nach Hanau, insbesondere junge Familien. Da wird von 975 Neubürgern ausgegangen, von denen 129 zwischen 6 und 18 Jahren alt sein sollen. Das geringste Problem ist dabei noch, dass ja nicht alle bis zum 18. Lebensjahr in eine allgemein bildende Schule gehen. Das eigentliche Problem aber ist, das von einer vollen Bebauung der Wohngebiete ausgegangen wird. Jeder weiß, wie schwer sich die Entwicklung im Gebiet der ehemaligen Milchzentrale tut. Und wo das Wohngebiet Gleisbahnhof liegen soll weiß ich nicht, ich vermute es soll Gleisbauhof heißen. Soviel zur redaktionellen Überarbeitung und Gründlichkeit der Vorlage . Zu den Entwicklungschancen dieses Baugebiets Gleisbauhof hat sich ein sozialdemokratischer Kollege vom Fach schon kritisch geäußert, als  dort noch 70 Wohneinheiten vorgesehen waren und das gilt für die jetzt geplanten 130 erst recht.  So ist wahrscheinlich, dass mindestens 1/3 wenn nicht gar über 40 % der Neubürger, die hier fest eingeplant sind, gar nicht nach Hanau kommen. Dann wären wir bei maximal 75 Kinder und Jugendlichen. Davon dürfen wir dann noch diejenigen abziehen, die einen gymnasialen Bildungsgang wünschen und dann sagen Sie mir bitte, wie viele Neuschüler pro Jahrgang dann für ihre IGS-Mittelstufe noch übrigbleiben, wenn wir in einem zweiten Schritt die Schüler, die sich für Hessen-Homburg entscheiden auch noch abziehen. Richtig an der Vorlage ist nur die Aussage, dass der Zuzug im Stadtteil Wolfgang die dortige Grundschule sichert. Sie wäre nämlich sonst von der demographischen Entwicklung bedroht.

Gute Nachbarschaft mit Main-Kinzig-Kreis

Dabei haben wir noch nicht berücksichtigt, dass wir als Schulträger Nachbarn haben:  Bruchköbel und Erlensee, Heinrich-Böll und Georg Büchner Schule. Es ist absehbar, dass in den nächsten Jahren dort durch Rückgang der Schülerzahlen weitere Kapazitäten frei werden. Es ist also für  weitere Nachfragen nach  der Schulform IGS perspektivisch Platz. Nach meiner Kenntnis, ist vom Main-Kinzig-Kreis auch schon ein entsprechendes Angebot ausgegangen, es blieb allerdings ohne Reaktion der Stadt Hanau.
 Als wir in Hanau unser gymnasiales Angebot ausgebaut haben, hat sich der Main-Kinzig-Kreis  partnerschaftlich  an der Finanzierung  beteiligt. Es wäre ein Zeichen von guter Nachbar- und Partnerschaft, wenn wir ihm in Zukunft helfen, seine Schulkapazitäten optimal zu nutzen.

Noch ein abschließender Blick ins Hessische Schulgesetz: Im § 145 Absatz I: Dort heißt es die Schulentwicklungsplanung  ist mit den benachbarten Schulträgern abzustimmen. Glauben sie, dass der Main-Kinzig-Kreis Ihren Plänen zustimmen wird. Wenn nicht, wie wird dann Ministerin Henzler (FDP) entscheiden.

Lassen Sie mich deshalb feststellen:
1.) Die CDU wendet sich gegen jede Gefährdung der Hessen-Homburg Schule
2.) Der Zuzug an Neubürgern wird die Nachfrage  nach Plätzen an einer Integrierten Gesamtschule nicht signifikant erhöhen
3.) Abitur im Lamboy im Anschluss an die IGS hat keine Chance
4.) Die Nachfrage nach IGS-Plätzen, die nicht von der Lindenauschule bereitgestellt werden, kann in kluger und fairer Zusammenarbeit  mit Schulen des Main-Kinzig-Kreises befriedigt werden.
5.) Regionale Zusammenarbeit – statt Investitionsgefährdung in Hanau : Wenn der Schulträger Hanau dauerhaft  auf die Sicherung von weiteren Angeboten  der IGS  Einfluss nehmen will, dann sollte er sich mit Gedanken beschäftigen, für die Standorte Hanau, Maintal, Erlensee und Bruchköbel  einen Schulzweckverband IGS mit dem MKK zu gründen. Das wäre das richtige Signal nach Gelnhausen und Wiesbaden um dauerhaft für Schüler und Eltern, die dies wünschen, weitere IGS-Angebote zu sichern.
Ganz abgesehen von den  finanziellen Auswirkungen  können wir  dieser Vorlage aus  strukturellen Erwägungen nicht zustimmen.

Franz Ott, CDU-Stadtverordneter

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